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Elisabeth Greil

Interview: Monika Modersitzki, Gabriele Bach

Fotos: Gabriele Bach
Erstellt: 30.1.2020

- Elisabeth, du gehörst zu den Quilterinnen, die am längsten in der Gröbenzeller Quiltgruppe dabei sind. Kannst du etwas über die Gründungsgeschichte der Gruppe erzählen.

Ich war beim ersten Quiltkurs, den Irene Kahmann in Gröbenzell gegeben hat, dabei. Das war vermutlich 1979, wir haben damals alles von Hand genäht und gequiltet. Quilten mit der Nähmaschine war überhaupt nicht denkbar. Die Stoffe wurden in den USA bestellt.
(Mit einem Beitrag über Elisabeths 1. Quilt haben wir den Blog auf dieser Seite begonnen. Anmerkung GB)
Zuerst war es ein Kurs und nochmal ein Kurs, der dann zu einer Gruppe zusammenwuchs.

- Wann und warum hast du mit dem Quilten angefangen?

Das war 1979. Ja, warum macht man etwas? Es war einfach schön. Genäht, gehandarbeitet und Bastelarbeiten gemacht habe ich schon immer viel. Aber als ich das Quilten kennengelernt hatte, habe ich fast nur noch gequiltet. Quilten ist mein Leben.

- Hast du auch Kurse gegeben?

Ja. Ab 1984 habe ich in Gernlinden/Maisach meinen ersten Kurs gegeben, Teilnehmerinnen waren u.a. Anna Zimmermann und Christine Köhne. Danach gab ich auch einige Kurse in Planegg und dann in der Düsseldorfer Straße. Dort fand neben den Kursen das „Show and Tell“ statt und jährlich organisierte ich eine Ausstellung. Das war bis 2006. Mit der 25. Ausstellung beendete ich dort meine Arbeit. Wir konnten die Räume nicht mehr nutzen, das Haus wurde abgerissen.

- Du bist den Quilterinnen bekannt als diejenige, die das jährliche „Show and Tell“ organisiert und moderiert. Das machst du jetzt schon über 30 Jahre. Zuerst fand die Veranstaltung noch in München statt, später in Gröbenzell. Wie bist du eigentlich dazu gekommen und welche Aufgaben beinhaltet dieser „Job“?

Liselotte Weeren rief “Show and Tell” ins Leben. Ich habe es dann halt übernommen, das war meine Aufgabe. (siehe auch den Beitrag zu 30 Jahre „Show and Tell“)

- Gibt es besonders schöne Momente oder Erlebnisse, die du mit „Show and Tell“ verbindest?

Viele schöne Momente. Ich kann sie nicht einzeln benennen.
Exemplarisch vielleicht dies: Jahrelang zeigte eine Teilnehmerin jedes Mal viele Werke, die sie im vergangenen Jahr genäht hatte. Sie gehörte keiner Gruppe oder einem Verein an, sondern arbeitete allein für sich. Ihr reichte offensichtlich die Anerkennung und die Inspiration, die sie einmal jährlich beim „Show and Tell“ fand.
Es war ein gutes Gefühl.

- Konntest du über die Jahre Veränderungen beim „Show and Tell“ feststellen? Gab es z.B. Moden?

Ganz bestimmt haben sich unsere Werke verändert. Durch neue Einflüsse, neue Techniken und Veränderungen unserer eigenen Persönlichkeit werden unsere Quilts einfach anders.

- Was reizt dich immer wieder an der Aufgabe, die Veranstaltung „Show and Tell“ mit großer Hingabe und Humor durchzuführen?

Ich mache es halt und wenn ihr mir sagt, dass ich es gut mache, motiviert mich das sehr und freut mich. Auch von den Besuchern bekomme ich ein gutes Feedback. So ist es zu meinem „Kind“ geworden.

- Ende der 1980er Jahre warst du dabei, als einige Mitglieder der Gröbenzeller Quiltgruppe in einer Scheune in Alling bei München antike „Notzeit-Quilts“ kauften. 20 dieser Quilts konnten wir in unserer Ausstellung 2019 in Gröbenzell präsentieren. Viele dieser Quilts tragen das Label „GIFT OF CANADIAN RED CROSS SOCIETY“. Diese Quilts waren nach dem Zweiten Weltkrieg als Spende nach Europa gekommen. Es wurden aber nicht alle Quilts an bedürftige Familien oder Institutionen verteilt. Das war für dich und andere fachkundige Quilterinnen ein Glücksfall, durch euren Kauf wurden die „Notzeit-Quilts“ gerettet. Wie es dazu kam und was dich an der Geschichte noch heute bewegt, beschreibst du so:

crc quilt v e greil„Was für eine anrührende Geste! Kanadische Quilterinnen fertigten für die notleidende Bevölkerung in Europa Quilts, auch für die Deutschen und Österreicher, die doch die Feinde des Zweiten Weltkrieges waren. Die Quilts hätten vielen etwas Wärme gegeben, denn die Winter in den 40er Jahren waren sehr hart.
Leider wurden die Gaben in Güterwagons auf einem Bahnhof in Wien vergessen und erst viele Jahre später bei Aufräumungsarbeiten entdeckt. Herr C. hatte sie beim Antiquitätenmarkt am Nockherberg angeboten. Meine Vermutung ist, dass er nicht wusste, welche Schätze das waren, waren die Quilts teilweise auch nicht mehr in einem guten Zustand. Glücklicherweise entdeckte Frau T. eine unserer ersten Quilterinnen im Münchner Raum, sie dort. Sie konnte Herrn C. dazu bewegen, sie in einem Lagerraum in Alling anzubieten. Das war 1987. Wir, die Gröbenzeller Quilterinnen hörten davon und waren Feuer und Flamme. Die Quilts waren von unterschiedlichster Qualität. Viele waren aus einem Stück Stoff, vielleicht aus 2 Stücken zusammengesetzt mit hübschen Blümchen bedruckt oder mit Karos bedruckt. Einige waren aber echte Kunstwerke. Ich erwarb mir ein besonderes Stück: Ninepatchblöcke aus den verschiedensten hübschen Stoffen gefertigt. Leider waren manche der Farben verblichen. Alle Quilts nach traditioneller Art gefertigt: Baumwolltop, lose Baumwolle als Zwischenlage und Baumwollstoff als 3. Lage. Und alle Quilts mit Hand gequiltet. Zu Beginn waren die Preise wohl unterschiedlich. Mein schöner Ninepatchquilt hat 220 Mark gekostet. Einfachere nur 50 DM. Ich besitze 5 Stück. Und ich bin dankbar dafür ein Stück Friedensangebot zu besitzen. Es wäre schön, wenn die Nachfahren dieser Kanadierinnen erfahren könnten, dass Werke ihrer Mütter, Großmutter oder Tanten noch existieren.“

- Die Quilts sind nicht nur in ihrer Machart wertvoll. Sie können als Zeitdokumente für eine schwierige Zeit, die auch du erlebt hast, gelten. Diese Geschichte ist sicher nur eine von vielen bewegenden Momenten in deinem Leben als Quilterin. Gab es andere Ereignisse mit der Gröbenzeller Quiltgruppe, die du als besonders erachtest? Reisen oder Begegnungen?

Es gab so viele schöne Erlebnisse. Die Reisen zur Quilt Expo. Die erste nach Salzburg, die zweite nach Odense, dem reizenden Städtchen, in dem Hans-Christian Andersen geboren wurde, nach Den Haag und der wunderschönen Stadt Lyon. Ich könnte immer weiter erzählen.
Und dann unsere Reise nach Israel. Sie war der Höhepunkt, aber nicht nur wegen des Quiltens. Wir waren privat bei den israelischen Quilterinnen untergebracht. Manche von ihnen hatten wir schon auf europäischen Quiltausstellungen, z.B der Quiltexpo, kennengelernt. Es erfeut und erstaunt mich bis heute, dass wir als Deutsche von den Israelis so freundschaftlich aufgenommen wurden. Wir haben uns überall willkommen gefühlt, bei Besichtigungen und in Geschäften, mir ist da besonders der Besuch bei einem Gewürzhändler in Erinnerung.

Ein Auszug aus Elisabeths Reisebericht:

„R. wollte uns noch ihren Kibbutz zeigen. Kibbutz Yagur ist ein großer Kibbutz, der sich an eine Bergwand anlehnt. Die Häuser an der Bergseite sind über viele Treppen zu begehen. In einer dieser Wohnungen wohnt die Familie Z. R. zeigte uns einige Gemeinschaftseinrichtungen, so das Altenheim und auch die Wäscherei. Alle Bewohner des Kibbutz können ihre markierte Wäsche bringen und nach einigen Tagen gewaschen und gebügelt wieder abholen. Wir sahen die Fabrik, die Dosen herstellt und in der R.'s Mann arbeitet. Es gibt auch noch ein großes Gemeinschaftshaus mit einem Speisesaal, um die Mahlzeiten einzunehmen. Es gibt Frühstück und Mittagessen. Abendessen wurde vor einiger Zeit eingestellt, viele Bewohner wollten nun daheim essen. Es gibt natürlich auch einen Kindergarten, auch ein Theater, in dem auch fremde Gruppen auftreten. Wir besuchten noch ein Garten-Center, zu dem auch Käufer von außerhalb kommen. Wir bewunderten die vielen Bäume, die jetzt im Kibbutz blühen: die Judasbäume mit ihren dunkelrosa Blüten und viele andere, für die wir den Namen nicht fanden. Es blühten schon die Rosen und vieles, was bei uns erst zum Sommer gehört.“

- Von Anfang an hast du für die Ausstellungen der Gröbenzeller Quiltgruppe genäht, traditionelle Quilts und Art Quilts. Gibt es einen Quilt, den du niemals aus der Hand geben würdest und niemals verkaufen würdest?

Den Quilt, den ich für Israel gemacht habe, liebe ich sehr.

- In der Vergangenheit war das „Show and Tell“ neben Ausstellungen eine gute Möglichkeit, seine Arbeiten einem Fachpublikum zu präsentieren. Die Digitalisierung bietet allen Quilterinnen nun weitere Möglichkeiten, Quilts auch weltweit zu präsentieren. Ist das „Show and Tell“ überholt? Oder hat es als Veranstaltungsform bei den Quilterinnen noch immer eine große Bedeutung?

Der persönliche Kontakt mit den anderen Quilterinnen ist sehr wertvoll. Und einen Quilt oder andere Werke aus nächster Nähe zu besehen, hat eine andere Dimension als am Bildschirm oder in einem Buch. Es ist jedes Mal wieder spannend, nicht nur die Vorderseite eines Quilts zu sehen, sondern auch die Rückseite.
Ein Quilt in „echt“ ist einfach viel schöner als nur ein Foto davon.
Ebenso interessant sind die mit der Entstehung des Quilts verbundenen Geschichten, egal ob es um die manchmal sehr kreative Lösung technischer Probleme geht oder ob die Quilterin damit für sie wichtige Erinnerungen verbindet.

- Wir nutzen die Gelegenheit und sagen: Danke Elisabeth! Durch dich bekommen viele Quilterinnen die Gelegenheit, ihre Werke zu zeigen und nehmen Inspirationen mit. Wo findest du Inspirationen für deine Quilts?

Mal sieht man etwas, mal probiert man etwas und manchmal kommt ein Geistesblitz.

- Hält das Quilten jung?

Klar, auf der Suche nach Anleitungen und Inspirationen verbringe ich wie jeder andere Jugendliche auch viel zu viel Zeit im Internet. Da findet man leider alles und immer den Hinweis, was mich sonst noch so interessiert. Was ich dann auch prompt ausprobiere.
Aber ernsthaft, natürlich hält es jung, wie vieles was man tut, mit Themen, mit denen man sich auseinandersetzt, mit Kontakten in der Gruppe oder in größerer Runde.

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